Der Lykische Weg - Ein Versprechen auf Wiederkehr.
Von Antalya bis Fethiye schlängelt sich der Lykische Weg, ein Wanderpfad, knappe 500km entlang der mediterranen Küste. In diesen 500 km trifft man auf so ziemlich alles was man sich von der Türkei nur erträumen kann. Berge aus Sagen und Mythen. Brennende Geröllfelder. Malerische Fischerdörfer. Buchten mit kristallklarem Wasser. Traumhaft schöne Sand- und Kiesstrände. Vom Tourismus verschont gebliebene Berg- und Küstendörfer. Unzählige Ruinen. Särge auf Straßen. Und irgendwann sogar auf den Weihnachtsmann.
Ich bereiste diesen Küstenabschnitt in der entgegen gesetzten Richtung, parallel zum Wanderweg. In Antalya angekommen wünsche ich mir nur eines: 10 Kilo weniger Gepäck und einen Monat Zeit, nur zum Wandern. Ich setzte mir ein Ziel: Irgendwann komme ich wieder.
Voraus gesagt ist die entgegengesetzte Richtung meines Erachtens nach auch die schönere Richtung für diese Wanderung. Die Großstadt Antalya gibt ein wesentlich besseres Ziel ab als der kleine Küstenort Fethiye, der auch gleich das erste Kuriosum bietet. Überall entlang des Lykischen Weges trifft man auf, ca. 3m hohe, steinerne Sarkophage der Lykischen Kultur. Soviel zur Namenserklärung des Weges. In Fethiye steht eines dieser Gräber mitten auf einer Straße, halbherzig eingesäumt von kleinen Begrenzungspfosten und einem Rechtsabbieger-Schild. Gewollt oder nicht, die plakativste Warnung an die, gerne mal Verkehrsregeln ignorierenden, rechts überholenden, nachts ohne Licht fahrenden Türken. Kommt es innerhalb einer Stadt zu einem Unfall, ist es wie alles in der Türkei. Ein Gesellschaftsereignis. Von Schaulustigen kann keine Rede sein, ein jeder hat hier eine Aufgabe. Autos begutachten, Unfallhergang rekonstruieren, diesen mit Polizisten diskutieren, weinende Kinder trösten oder Tee vom nächsten Landen organisieren. Wer als letzter hinzu kommt übernimmt dann einfach die Aufgabe den wiederum nächsten aufzuklären was eigentlich passiert ist. Vielleicht ging vor Jahrhunderten die Aufgabenkette auch soweit dass schließlich jemand dafür zuständig war, an Ort und Stelle des Unfalls, einen Sarkophag zu errichten. Es würde einiges erklären.
Einen schöneren Standort einer dieser Sarkophage finde ich in Kaş. Am Ende einer aufsteigenden Gasse, die zugleich die ehemalige Hauptstraße ist. Reich verziert wurde hier ein König der Lykier begraben. Mitten auf einer Straße wäre somit auch nicht standesgemäß. Kaş liegt etwa an der Hälfte des Lykischen Weges, am südlichsten Punkt der Küste. Umringt von Steilküsten war dieser Fischerort bis vor knapp 30 Jahren nur vom Meer aus zu erreichen. Oder mit Eseln auf einem steinigen Pfad über die Berge. Dann wurde schließlich ein schmale Straße, viele Kilometer lang, in die Felsen gehauen. Große Reisebusse befahren diese Strecke nicht und so ist Kaş vom Massentourismus noch weitestgehend verschont geblieben. Die Fahrt nach Kaş, im Minibus, ist auch nichts für sanfte Gemüter. Der Fahrer schneidet jede Kurve, ohne wirklich zu sehen was sich hinter dieser befindet. Auf der anderen Seite geht es steil nach unten.
Busfahren in der Türkei. Aufgrund des bergigen Geländes das öffentliche Hauptverkehrsmittel. Basierend auf dem absurd hohem Benzinpreis, von teils über 2 Euro pro Liter, auch stark ausgelastet werden sämtliche Strecken von 3 verschiedenen Busarten abgedeckt. Langstrecken von großen Reisebussen, mit einem Luxus den ich vorher noch nie gesehen habe. Durchgehend kostenloser Service mit Snacks und Getränken. Touchscreens in jedem Sitz, mit einem reichem Programm für Musik, Spiele und Filme. Diese allerdings nur in Türkisch. Wer vorbereitet ist, hat dafür einen USB-Stick mit eigenem Programm dabei.
Die zweite Variante: Minibus. In den Städten muss niemand der nicht will auch nur einen Meter zu Fuß gehen. Ein Minibus für ca. 10 Personen ist überall, die Fahrer hupen und halten für jeden der einen Rucksack trägt, oder auch nur zulange in deren Richtung blickt. Die dritte, und schlechteste, Variante sind die Mittelstreckenbusse. Diese fahren meist die Teilstrecken der Langstreckenbusse und besitzen den Komfort einer Busfahrt in Deutschland. Keinen. Zudem überfüllt und unbequem.
Mit einem solchen verlasse ich Kaş und fahre weiter Richtung Antalya. Auf dem Weg dorthin möchte ich noch den Ort Olympos und den gleichnamigen Berg besuchen. Während der Fahrt erwache ich aus einem kurzen Schlaf und versuche mich zu orientieren. Ein Busbahnhof wie jeder andere. Mir hilft das Portrait eines Coca-Cola Weihnachtsmanns, das mir vom Schild einer Imbissbude ins Gesicht lacht. Da ich noch 3 andere Schilder mit Weihnachtsmännern erblicke ist mir klar dass ich mich in Demre befinde, dem Ort indem der heilige Nikolaus sich als Bischof verdiente. Die Fahrt wird fortgesetzt und in ganz Demre sehe ich noch unzählige Bilder des weiß bärtigen Mannes mit der roten Wollmütze. In einer Stadt in der wahrscheinlich seit 20 Jahren niemand eine Schneeflocke gesehen hat. Selbst auf Landkarten der Türkei, bei denen neben den Städtenamen die Sehenswürdigkeiten abgebildet sind, findet man bei Demre immer den Weihnachtsmann. Es wird wirklich alles genutzt um Touristen anzulocken und die Einzigartigkeit eines Ortes anzupreisen. In Demre würde es sonst nur ein römisches Theater und ein paar Felsengräber geben, wie überall in dieser Region.
Schließlich erreiche ich Olympos und den namensgebenden Berg und mir wird klar warum in der Antike geglaubt wurde auf diesem würden die Götter wohnen. Einen ganzen Tag verbringe ich am Strand, mit Blick auf den Götterberg, um ein Foto dessen Gipfels zu erhalten. Ein schwieriges Unterfangen, denn obwohl ein strahlend blauer Himmel vorherrscht ist die Spitze durchgehend in Wolken gehüllt. Es dauert Stunden bis sich der Gipfel dann doch zeigt und ich zu meinem Bild komme.
Olympos als Ort bezeichnet die Ruinen der antiken Stadt. Außer diesen gibt es hier nicht wirklich viel. Nur Hostel-Anlagen die einen Fluss säumen, welcher ein schmales Tal durchschneidet. Diese Hostels sind alle wie kleine Westernstädte gebaut. Blockhütten, Bungalows, Bar, Saloon und Dekoration. Alles aus Holz. Im Sommer treffen sich hier, neben Kletterern und Wanderern, Jugendliche aus Antalya um zu feiern.
Wieder einmal macht mir der Winter hier einen Strich durch die Rechnung. Es besteht von hier aus keine Möglichkeit die brennenden Geröllfelder, Chimaera zu besuchen. Sie liegen zu weit abseits um von Olympos aus auf eigene Faust dorthin zu gelangen, für eine Bustour sind zu wenige Besucher in der Region. Daher breche ich nach kurzer Zeit auf um nach Antalya zu gelangen. Am Ende, oder auch dem Anfang, des lykischen Weges stellt sich mir noch eine Frage: Was hätte Sankt Nikolaus wohl dazu gesagt als ihm der Coca-Cola Konzern seinen Bischofsstab gegen einen roten Wollmantel und Mütze austauschte. Nur um ihn anschließend, vom ganzjährig mediterranen Klima dieser Region, zu entführen und ihn am Nordpol auszusetzen. Einem der unwirtlichsten Orte unserer Erde.?
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