Freitag, 17. Februar 2012

Eine Stadt. Eine Geschichte.

Streifzug durch Selçuk.

Wer die Türkei bereist und sich für Geschichte interessiert wird irgendwann zwangsläufig in Selçuk landen. Nur knapp 30.000 Einwohner, eine Kleinstadt, aber ein Angebot an Sehenswürdigkeiten dass man einfach nur schwärmen kann. Vom zentral gelegen, und allgegenwärtigen Hausberg der Stadt, Ayasoluk streife ich staunend durch die Stadt.
Auf dem Ayasoluk fanden sich die ersten Siedlungsanzeichen dieser Gegend aus dem 5.Jahrtausend v. Chr.. Heute befindet sich dort eine Festung aus dem 6 .Jahrhundert, und direkt davor die Reste der Johanniskirche. Errichtet über dem vermutlichem Grab des Johannes, einer der Jünger von Jesus, war diese Kirche eine der größten Sakralbauten des Byzantinischen Reiches. Der Geschichte nach kam Johannes mehrmals in diese Gegend und verbrachte dort, nach seinem Martyrium in Rom, auch seine letzten Tage. Vorbei an der prächtigen Isabey-Mosche schlendere ich zum Fuß des Berges und erblicke eine einzelne Säule. Sie weißt mir den Weg zu einem der 7 Weltwunder der Antike. Dem Tempel der Artemis. 

Dort angekommen stelle ich fest dass davon, bis auf eben jene Säule, nicht viel übrig ist. Ein gewisser Herostratos hatte den Wundertempel 356 v. Chr. niedergebrannt. Er wollte durch die Zerstörung eines Weltwunders selbst in die Geschichte eingehen. Was ihm auch gelungen ist. Der Tempel wurde später neu errichtet, bis er schließlich 500 Jahre später von den Goten endgültig zerstört wurde. Ein Jammer angesichts des Areals und den Bildern von Rekonstruktionen, welche die Pracht dieser Kultstätte der Einwohner von Ephesos nur noch vermuten lassen.

Die wesentlich besser erhaltenen Ruinen von Ephesos befinden sich ein paar Kilometer außerhalb von Selçuk. Am Eingang angekommen fällt mir mal wieder auf wie gewieft das türkische Kulturministerium doch ist. Der Eintritt kostet umgerechnet knapp 10 Euro. Türkische Staatsbürger und in der Türkei studierende können dagegen, einmalig für 20 Euro, eine landesweit gültige Museumskarte erwerben. Sie ermöglicht ihnen den freien Zugang zu den meisten Sehenswürdigkeiten. Einerseits gut für die Bevölkerung die so einen günstigen Zugang zu ihrer Kultur erhält, anderseits schlecht für knausrige Backpacker wie mich. Doch die 10 Euro sind gut investiert. Die Ruinen von Ephesos sind überwältigend und gut erhalten. Hier kann ich mir wirklich vorstellen wie das Leben im antiken griechischem, und später römischem, Reich ausgesehen haben mag. Auf einer der Prachtstraßen halte ich neben einer deutschen Reisegruppe inne.  Sie blicken staunend auf den Boden. Ich lausche den Worten deren Führers und erfahre den Grund für die gesenkten Köpfe. Am Boden befindet sich ein Zeichen, in Form eines Fußabdruckes, mit dem darunter stehenden Hinweis: „Folge mir“. Tut man dies gelangt man zu den Überresten des Bordells der Stadt. Wegweiser sind seit jeher etwas praktisches für Suchende.

Auch mich leitet der nächste Wegweiser auf meiner Suche nach der Geschichte. Beim verlassen des Ephesos Areals gelange ich zu einem Schild. Darauf stehend: „Yedi Uyuyanlar“, „Grotto of the Seven Sleepers“. Rätselnd stehe ich vor dem Schild. Als erstes denke ich an den Siebenschläfer im zoologischem Zusammenhang, doch das Englische Wort dafür ist „dormouse“. Was also dann? Neugierig folge ich der Wegweisung und wandere auf einer staubigen Straße, entlang des Nordosthanges der Stadt. Wie bei jeder Sehenswürdigkeit zeigt mir schließlich ein Restaurant dass ich das Ziel fast erreicht habe. Doch dieses Restaurant ist anders. Mitten im Nirgendwo und, freundlich gesagt, etwas rustikal. Zwischen Bäumen gespannte Planen mit darunter liegenden Sitzgruppen auf denen ausschließlich Türken im Rentenalter, Cai trinkend und Pfeife rauchend, entspannen. Hierher verirren sich wohl nicht viele Touristen. Ein weiteres Schild weist mich zu dem dahinter liegendem Hang, welchen ich gespannt erklimme. Oben angekommen stehe ich vor einer, in den Fels gehauenen, Nekropole. Der Zugang ist jedoch durch ein Gitter gesichert. Den Sinn des Ganzen erfahre ich als ich wieder unten bin und der Besitzer des Restaurant mir einen Flyer in die Hand drückt. Der Legende nach hatten sich hier 7 christliche Einwohner von Ephesos, um 250 nach Chr., für 200 Jahre schlafen gelegt und sind so der der Verfolgung des römischen Kaisers Decius entgangen. Als sie wieder erwachten und nicht mehr verfolgt wurden sind sie... glücklich gestorben und ihnen zu Ehren wurde diese Grabstätte errichtet.

Ich folge weiter dem Nordosthang. Als ich wieder eine Hauptstraße erreiche, hält auch schon ein Minibus. Nach einem 20 km Marsch sind meine Füße dankbar für diese Abwechslung. Es geht weiter zum Haus der Maria, der Mutter des Jesus. Angeblich fand sie hier hier ihre letzte Ruhestätte.
Ihr Haus, noch immer gut erhalten, befindet sich auf dem Nachtigallen Berg welcher sich hinter dem Nordosthang befindet. Nachdem eine deutsche Nonne dieses Haus in ihren Visionen gesehen hatte wurde es 1896 vom Vatikan zu einem Heiligen Ort erklärt. Jeder Papst, der etwas auf sich hält, lässt sich hier blicken. Es wird bereits dunkel und ich beende meine Besichtigungstour für diesen Tag.

Am nächsten Tag besuche ich das Eisenbahnmuseum und erlebe die erste Enttäuschung in Selçuk . Es wird als das größte Freilichtmuseum dieser Art in der Türkei angepriesen. Mag sein, aber wie viele Eisenbahnmuseen wird es schon geben? Für Eisenbahn Enthusiasten wohl das Paradies, für mich jedoch sehen diese 30 alten Dampfloks alle nahezu gleich aus. Es wäre wohl besser gewesen ich hätte stattdessen das nahe liegende Bergdorf Şirince besucht. Einstmals von Griechen errichtet und bekannt für seinen Weinanbau.

Wer nun nach diesen Aufzählungen vermutet dass es in Selçuk von Touristen nur so wimmelt wird sich wundern. In dieser Stadt gibt es keine großen Hotels nur, ein paar wenige, kleine Pensionen. Touristen findet man nur an besagten Sehenswürdigkeiten, wohin sie mit großen Reisebussen hin und schnell wieder weg gekarrt werden. Besonders am Abend ist die Stadt frei von Touristen und damit sehr ruhig und angenehm. Der einfache Grund: Selçuk hat keinen Badestrand, es liegt 25 km im Landesinneren und all die großen Hotels befinden sich in den umliegenden Küstenstädten.

1 Kommentar: