Dienstag, 24. April 2012

Gaumarjos

Auf die Gesundheit, und auf alles andere.

Viele meiner unvergesslichen Begegnungen mit Georgiern sind mit zwei Dingen verbunden. Essen und Alkohol. Die Georgier lieben es Gäste zu bewirten. Noch mehr lieben sie es allerdings einen Gast betrunken zu machen. Glücklicherweise geben sie ihm dabei aber soviel zu Essen dass er nicht weiß was seinem Körper nun mehr zusetzt. Nur eine Wort fällt mir dazu ein: Völlerei.

Dabei ist es das Christlichste Land das ich bisher gesehen habe. Nebenbei bemerkt, ich habe vor einigen Jahren den Vatikanstaat besucht. Wie waren doch gleich die Todsünden? Doch die Georgier verstehen dies geschickt als Teil ihrer Kultur zu kaschieren. Möglicherweise sind sie auch gerade aufgrund des Konfliktes zwischen Kultur und Religion derart gläubig und hoffen darauf dass es sich gegenseitig neutralisiert. Die Gelage der Georgier sind ein Erlebnis. Hierzu ein paar Beispiele aus Zugdidi einer Kleinstadt am Fuße des großen Kaukasus, in der ich die wohl großartigsten Menschen auf meiner Reise durch Georgien kennenlernte.

Das erste beginnt mir einer Verwechslung. Das erste Wort dass ich normalerweise lerne wenn ich mich in einem neuen Land und damit in einer neuen Sprachumgebung befinde ist „Hallo“. Da neue Begegnungen des öfteren mit dem ein oder anderen Getränk zusammenfallen ist dass zweite in den meisten Fällen „Prost“. In Georgisch heißen diese beiden Wörter Gamarjobat und Gaumarjos. Ziemlich ähnlich. So passiert es eines Tages dass ich diese beiden Wörter verwechsle. 10 Sekunden später habe ich ein Glas Wein in der Hand, welches sich im laufe des Abends niemals leeren wird. Dabei wollte ich doch nur für eine Nacht in das Hostel in Zugdidi kommen. Am nächsten Morgen früh aufstehen und ab in den Kaukasus. So war der Plan. Er funktioniert auch, wird aber anstrengend. Im Aufenthaltsraum findet im gleichen Moment eine Geburtstagsfeier von zwei georgischen Freunden der Hostelbesitzerin statt. Eigentlich will ich nur Hallo sagen, Gamarjobat. Stattdessen sage ich aber Prost, Gaumarjos. Die Gastgeber freuen sich jedoch über mein Missgeschick, haben sie doch dadurch einen neuen Freund gefunden der einen Drink gar nicht mehr ablehnen kann. Ein gefülltes Glas habe demnach ein paar Augenblicke später.

Nun beginnt etwas das mich in Georgien noch des öfteren faszinieren wird, der Toast. Normalerweise ist dafür der Gastgeber zuständig, in diesem Falle auch Tamada genannt. Zwischen den Toasts wird nicht getrunken. Es wäre auch fatal denn die Toasts folgen in sehr kurzen Abständen und getrunken wird das ganze Glas, egal was. Der Tamada hebt das Glas und nun folgt ausführlichst ein Grund warum genau jetzt getrunken wird. Und diese Texte können, je nach zustand des Gastgebers, dauern. Der längste den ich erlebt habe ca. 15 Minuten. Sie handeln von neuen Freundschaft, neuen Begegnungen, von Lebenden und Toten Verwandten, von Frauen, von Männern, von Müttern, von Kindern. Manchmal sogar von Fallschirmen, soweit ich es verstanden habe. Es war ein Toast zu später Stunde. Die Toast sind vielfältig und führen in diesem Falle dazu dass mir das Aufstehen am nächsten morgen sehr schwerfällt.

Ein anderes Beispiel. Mit einem Litauer mache ich auf den Weg an die Schwarzmeerküste. Wir verlassen das Haus in Zugdidi, kommen aber sehr nicht weit. Im Garten nebenan brennt ein alter Georgier zur gleichen Zeit Cha-Cha das, neben Wein, hochprozentige Nationalgetränk Georgiens. Diese aus Wein gewonnene klare Flüssigkeit ist eine Art Wodka mit einem leichten Traubengeschmack. Die selbstgebaute Konstruktion die der Georgier dafür benutzt wirkt etwas abenteuerlich. Am Anfang ein Kessel der von einem Feuer erhitzt wird. Dahinter ein Badewannen ähnliches Wasserbecken an dessen Ende sich ein Hahn befindet aus dem das Endprodukt mit einem Trichter in Wasserflaschen geleitet wird. Stolz erklärt er uns die Vorgehensweise in georgisch. Dass wir kein Wort verstehen wird ignoriert, denn eigentlich geht es ihm vielmehr darum den Cha-Cha mit uns zu testen. Er ist sehr stark. Immer wenn wir austrinken will der Georgier schon wieder nachfüllen. Bevor man etwas sagen kann beginnt er schon mit einem Toast, was Einspruch unmöglich macht. Nach ein paar Gläsern schaffen wir es dann doch uns höflich zu verabschieden. Fast hätten wir vergessen dass wir auf dem Weg zum Meer waren. Eine halbe Stunde, und ein paar Gläser, später hätte uns unser Weg wohl zurück in die Unterkunft und eine horizontale Position geführt.

Das letzte Beispiel handelt von den verschiedenen Arten zu trinken. An meinem letzten Tag in Zugdidi veranstalten ein paar der Georgier die ich auf der ersten Feier kennenlernte mir zu Ehren eine kleine Abschiedsparty und geben mir, neben einer Flasche selbst gebrannten Cha-Cha, ein paar Trinktechniken mit auf den Weg. Für die erste wird ein Trinkhorn verwendet. Man steigt auf einen Stuhl, setzt das Horn an die Decke und muss es leeren ohne dessen Kontakt zur Decke zu verlieren. Wer dass beim ersten mal schafft ohne sich selbst mit dem Inhalt des Hornes zu überschütten ist schon ein halber Georgier. Die zweite Technik: Man nimmt ein Glas legt die Hand darauf und dreht das ganze einmal um 180 Grad, und so wird es das dann auch getrunken. Die Technik dafür zu finden bleibt jedem selber überlassen. Dass ganze gibt es dann noch in einer wesentlich einfacheren Variante bei der anstatt der Hand ein Teller verwendet wird.

Jedem der sich jetzt beim lesen der Techniken so fühlte als könne er beim nächsten zusammenkommen mit Freunden mal etwas neues auszuprobieren wünsche ich schon im Voraus viel Spaß.







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