Reitausflug in Georgien.
Das letzte mal
dass ich auf einem Pferd saß muss gute 15 Jahre her sein. Während
eines Familienurlaubes in Kroatien unternahmen wir eine Reittour. Das
Pferd dass mir damals zugewiesen wurde war ein störrischer alter
Gaul. Mehrmals versuchte er mich abzuwerfen, die restliche Zeit
verbrachte er damit sich bei jeder Gelegenheit den Wanst
vollzuschlagen. Seit diesem Zeitpunkt sind mir Pferde etwas suspekt
und ich vermied es mich auf deren Rücken zu befinden. Und doch lasse
ich mich von meinen beiden Reisebegleiterinnen, Polly und Anna, dazu
überreden einen Reitausflug zu unternehmen. Man will ja nicht
nachtragend sein. Unsere Unterkunft organisiert uns einen jungen
Guide, der uns am nächsten Morgen, zusammen mit 4 Pferden, am
Ortsschild eines kleines Dorfes erwartet.
Es scheint nicht
so als hätte er dies schon öfters mit Touristen gemacht. Er spricht
kein Wort Englisch und nur wenige Brocken Russisch. Seine Pferde
wirken etwas verunsichert. Und sehr verschieden. Noch während wir
mit dem Guide reden beginnt das große Schwarze herum zu springen und
auf und ab zu galoppieren. Das kleinste, ein ca. 2 Jahre altes
braunes Pferd, wird dadurch angesteckt und schließt sich ihm an. Das
wiederum macht das dritte, graue, Pferd so nervös, dass es daraufhin
das Weite sucht. Nur das vierte Pferd, ebenfalls braun, scheint
verdächtig ruhig. Es steht die ganze Zeit, ohne jegliche Regung,
fast schon apathisch, am selben Fleck. Unser Guide macht den Eindruck
als wäre er mit der ganzen Situation etwas überfordert. Als er es
schließlich schafft die zwei galoppierenden Pferde einzufangen
stehen wir vor einem Problem. Vier Personen aber nur noch drei
Pferde. Das große graue, welches zuvor mit einem beherzten Galopp
Lebewohl gesagt hatte, ist nicht wieder aufgetaucht.
Unser Guide
vermutet, soweit wir verstehen, dass es wohl nach Hause geritten ist
und wir es dort abholen müssen. Anna beansprucht das große Schwarze
für sich. Mutig, und mir ganz recht. Polly bekommt das verdächtig
unbewegliche Pferd. Mir bleibt daher vorerst das kleine braune.
Dieses ist normalerweise das Pferd welches unserer Guide trainiert.
Und ohne Sattel reitet. So beginnen wir unseren Reitausflug. Polly
und Anna auf zwei Pferden mit sehr unterschiedlichen Mentalitäten.
Der Guide zu Fuß. Ich, ohne Sattel, auf einem Pferd das mehr ein
Pony ist. Und etwas dünn. Der Weg zum Haus des Guides führt von der
Straße in ein kleines Waldstück, über mehrere Felder und durch
einige kleine Bäche. Entgegen meiner ersten Befürchtung kommen ich
und mein junges Pferd ganz gut miteinander aus. Ich kann aber nicht
behaupten dass es sich sehr komfortabel reitet. Da ich nur auf einer
Decke sitze spüre ich dessen Knochen bei jedem Schritt. Steigbügel
habe ich auch keine. Immer wieder muss ich meine Sitzposition
korrigieren um nicht vom Pferd zu rutschen. Was wiederum aber nicht
so schlimm wäre, da ich mit meinen Füßen nahezu den Boden
erreiche. Dass es, gerade bei Unebenheiten im Gelände, nicht den
sichersten Tritt besitzt, macht die Sache nicht gerade leichter. Wir
kommen zum Haus des Guides. Vor dem Haus steht festgebunden das graue
Pferd welches sich zuvor vorerst selbst frei gegeben hatte. Daneben
sitzen ein paar alte Männer und trinken Wodka. Sie scherzen mit
unserem Guide, dem das ganze wohl etwas peinlich ist.
Ich dagegen bin
froh das Pferd zu wechseln und damit den knochigen Rücken zu
verlassen. Mein jetziges Pferd, eine ältere Stute, wirkt ruhig. Im
Vergleich zum ersten Eindruck, zu ruhig. Möglicherweise hat es sich
auf dem Weg nach Hause verausgabt. Ein Trugschluss, wie ich nach
kurzer Zeit feststelle. Sie entschließt sich dass sie nicht auf der
Straße laufen will und biegt in ein Feld ab. Als ich versuche die
Richtung zu korrigieren wird sie störrisch und beschleunigt das
Tempo in ruckartigen Bewegungen. Doch so leicht wird sie mich nicht
los. Dass sie keine Lust auf einen Ausflug hat, zeigt sich spätestens
als sie einsieht dass sie mich nicht so einfach abwerfen kann. Sie
bleibt mitten im Feld einfach stehen und weigert sich zurückzugehen.
Auch meine Kommandos, oder die des Guides, der ihr mit einem Stock
das Hinterteil versohlt, bringen nicht viel. Da hätte ich auch einen
Esel reiten können. Ich versuche es schließlich mit einer anderen
Taktik und rede ihr gut zu. Und es hilft. Frau bleibt eben Frau.
Endlich können
wir unseren eigentlichen Reitausflug beginnen. Wir reiten aus dem Ort
über eine Waldstraße weiter ins Hinterland, in Richtung der Berge
des Kaukasus, beobachten Adler und andere Greifvögel und erfreuen
uns an der malerischen Landschaft. Alles scheint nun doch besser zu
laufen als zuerst vermutet. Vier Personen und vier Pferde. Annas
anfangs energiegeladener Hengst ist ruhiger als vermutet und ich
freunde mich mehr und mehr mit meiner Stute an. Nur Pollys,
verdächtig ruhige Stute kommt plötzlich ins Stolpern, setzt sich
auf ihr Hinterteil und schafft es mit Polly auf dem Rücken nicht von
alleine aus aufzustehen. Als wir später in einem Tal eine Pause
einlegen ist es völlig entkräftet und liegt am Boden. Unser Guide
erklärt uns dass sie schwanger ist, und dass ganze wohl etwas zuviel
für sie ist. Wir beenden den Ausflug und machen uns gemächlich auf
den Rückweg. Von der Familie des Guides werden wir anschließend
noch zu einem opulenten Mahl eingeladen bei dem der Wein mal wieder
in Strömen fließt. Trotz anfänglicher Skepsis ein schöner
Ausflug, bei dem ich letztendlich meinen Frieden mit Pferden
geschlossen habe. Die weiten Steppen Zentralasiens können kommen.
Bei dem Titel hab ich erst mal gedacht, du hättest deine Meinung über Polly geändert :)
AntwortenLöschendaran hab ich bei der titelwahl gar nicht gedacht :D
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