Von Couch zu Couch durch den Iran. Teil
2
Eine gänzliche
andere Couchgeschichte als in der Wüstenstadt erlebten wir in
Isfahan, der wohl grünsten Stadt des Iran. Nun ist der Iran im
Gegensatz zur westlichen Vorstellung ein sehr grünes Land, doch
Isfahan ist ein Nummer für sich. Ein breiter Fluss durchschneidet
die Stadt, 7 architektonisch sehr verschieden Brücken verbinden sie
wieder. Links und rechts am Ufer gesäumt von weitläufigen
Parkanlagen. Das Zentrum der Stadt bildet der unter dem
Weltkulturerbe stehende Imam Platz. Ein von Mauern und Arkaden
verbundesnes Gebilde, bestehend aus 3 Moscheen und dem ehemaligen
Palast des Schahs. Der Platz innerhalb der Mauern diente einst dem
Schah, vom Palast aus, Polo Wettkämpfe zu beobachten. Heute
flanieren hier Ortsansässige und Touristen zwischen Grünflächen,
Fruchtbäumen und Brunnenanlagen. Diesen zu besuchen wurde uns von
unserem dortigen Couchhost, Aftab vorerst mehr oder weniger verboten.
Als wir früh
morgens mit dem Bus in Isfahan ankommen sind wir sehr müde. Tags
zuvor wählten wir ein Ticket bei der günstigsten Busgesellschaft.
Ein Fehler. Bis dahin waren wir Busse gewöhnt die selbst nachts auf
schweißtreibende Temperaturen geheizt wurden. Dieser Bus hingegen
wurde, warum auch immer, von der Klimaanlage auf eisige Temperaturen
herunter gekühlt. Wir waren darauf nicht vorbereitet und zusammen
mit den äußerst unkomfortablen Sitzen war an Schlaf nicht wirklich
zu denken. Verfroren und Übermüdet stehen wir am Busbahnhof
Isfahans. Der einzige Wunsch: Ein Platz zum Schlafen. Es wird jedoch
dauern bis uns dieser Wunsch erfüllt wird. Aftab, 31,
Englischlehrer, unverheiratet, (Was in diesem Alter für einen Iraner
ein sehr schlechtes Zeichen ist) kommt um uns abzuholen. Er schleppt
uns Zombies zum Frühstücken zu einer der Brücken, und weist uns an
bis zum Nachmittag die anderen Brücken zu besichtigen. Aber nicht
das Zentrum, denn das sollen wir uns für den nächsten Tag, wenn
auch er Zeit für uns hat, aufsparen. Zumindest unser Gepäck sind
wir los. Wir gehen über die zwei beeindruckendsten Brücken und
verbringen die restliche Zeit im Halbschlaf in einem der Parks. Als
Aftab uns wieder aufgabelt bringt er uns zu sich, und seiner Mutter,
nach Hause wo wir endlich schlafen können. Zwei Stunden später
werden wir wieder geweckt und müssen anschließend das Haus
verlassen da Aftabs Familie ihm ein Treffen mit einer Frau verschafft
hat. Etwas ausgeruht besuchen wir die wankenden Minarette und die
Reste des zoroastrischen Feuertempels auf der Spitze eines Hügels.
Nach dem
Abendessen in Aftabs Haus will er uns seine Familie ein paar Straßen
weiter vorstellen. Polly weist er an ihr, ansonsten eher lässiges
gebundenes, Kopftuch konservativer zu tragen da seine Familie sehr
religiös ist. Seine Familie ist nicht nur religiös sondern auch
sehr groß. Kurz darauf sitzen wir mit 14 anderen Personen auf einem
Teppich im Innenhof eines Mehrfamilienhauses. In der Mitte des
Kreises. Zu meiner linken: alle Männer. Zu meiner rechten: Polly und
alle anderen verschleierten Frauen. Mir gegenüber, und damit die
andere Geschlechter trennende Grenze, der Hausherr. Dieser wechselt
aber schnell den Platz nach dem er erfahren hat das Polly und ich
nicht verheiratet sind. Fortan sitzt er zwischen uns. Zu Tee und
Melonen entwickeln sich zwei verschiedene Gesprächsgruppen mit
dieser unglaublich gastfreundlichen und herzlichen Familie. Doch der
kulturelle Unterschied ist sehr gravierend. Auf die Frage warum wir
nicht verheiratet sind antworte ich dass wir Freunde sind (Alle
anderen Varianten wären im Iran illegal) dennoch werden wir immer
wieder gefragt wann wir denn Kinder haben werden und in welchem Land
wir dann leben wollen. Meine Antworten sind aber eh nicht so wichtig
da Aftab offensichtlich die Antworten nach seinem eigenen Ermessen
interpretiert und übersetzt. Ich frage ob ich ein paar Fotos machen
kann. Freudig wird zugestimmt und posiert. Allerdings nur in einer
der Hälften. Sobald ich meine Linse über die magische 90° Grad
Grenze vor mir bewege, werden die eh schon vermummten Gesichter
schleunigst hinter den Kopftüchern verborgen. Macht Polly jedoch
Fotos, egal mit welcher Kamera, erhält sie absurderweise Fotos von
den Gesichtern der Frauen. Nach dieser
allgemein interessanten Erfahrung neigt sich der erste durchgeplante
Tag in Isfahan endlich dem Ende zu. Der zweite sollte nicht großartig
anders verlaufen.
Als ich
frühmorgens meine Augen aufmache steht ein fertig geschniegelter
Aftab vor mir und blickt mit großen, ungeduldigen Augen auf mich
herab. Polly die, wie immer, schon wach ist sitzt am anderen Ende
des Raumes. Ihr entschuldigender Blick zeigt mir dass sie in diesem
Moment meine Gedanken lesen kann. Nicht unbedingt das was ich mir
unter einem angenehmen Aufwachen vorstelle. Aftab hat scheinbar noch
nicht mitbekommen dass ich kein Morgenmensch bin. Stattdessen
wiederholt er ständig dass wir nicht zu viel Zeit vertrödeln dürfen
da wir einiges Besichtigen müssen, und daher einen vollen
Terminkalender haben. Nachdem ich mich grummelnd von meinem
gemütlichem Teppich-Schlafplatz erhoben habe wird darüber ein
weiterer Teppich ausgerollt und von Aftabs Mutter das Frühstück
aufgetragen. Kurze Zeit später sitzen wir in Aftabs Auto und die
Odyssee durch Isfahan beginnt. Und bei dieser werden wir ihn an den
Rand der Verzweiflung bringen. Als wir den Großartigen Schahpalast
und die große Moschee am Imam Platz besichtigen verlieren wir uns
mit unseren Kameras in der Vielzahl der Motive. Aftab drängelt
ungeduldig zur Eile. Wir dagegen halten alle paar Meter inne und
spielen mit unseren Kameraeinstellungen. Zwischendurch verhandeln wir
mit Händlern über die Preise von Reiseschachbrettern und sonstigen
Souvenirs, kaufen aber nichts. Kurz darauf lesen wir einen
Französischen Couchsurfer auf den wir in unsere Gruppe integrieren. Aftab stimmt zu da er von dessen Dreadlocks fasziniert ist. Da ihm
der Franzose aber verbietet diese zu berühren macht es schnell den
Anschein als bereue er seine Entscheidung.
Anschließend
bringt er uns zum Palast der 40 Säulen.
Eigentlich sind es nur 20 Säulen, das Sehenswerte an dieser
Touristenattraktion sind die Spiegelung dieser in einer großen
Brunnenanlage. Da der Brunnen zu Renovierungszwecken jedoch leer
gepumpt ist lehnen wir es ab dafür Eintrittsgeld zu bezahlen. Auch
der Besuch der Armenischen Kirche ist, dort angekommen, ein Reinfall
da diese an diesem Tag geschlossen ist. Die nun zu viel übrige Zeit
verbringen wir mit einem Picknick und werden spät Nachmittags von Aftab am Busbahnhof abgesetzt.
In etwa
eineinhalb Tagen besichtigten wir die gesamte Stadt und haben nette
sowie interessante Menschen getroffen, und Aftab. Als sich sein Auto
entfernt ist Pollys und meine erste Handlung die Gleiche. Wir
schnaufen einmal tief durch.
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